Freitag, 15. März 2019

Wie gestaltet sich ein Erstgespräch beim Therapeuten?


Ich hatte schreckliche Angst und großes Unwohlsein vor meinem ersten Termin bei einer Psychotherapeutin. Es nahm für mich zwei komplette Tage in Anspruch an denen ich nichts machen konnte als mich von den Gedanken an diesen abzulenken. Ich konnte kaum Informationen finden, wie ein Erstgespräch abläuft. Was wird sie fragen? Würde ich mich ausdrücken können? Würde ich weinen? Kann ich meine Gefühle und Gedanken überhaupt aussprechen? Könnte ich die Suizidgedanken verstecken? Werde ich dann gleich zwangseingewiesen? Aber auch die Unsicherheit, was dieses Gespräch mit mir machen würde, bereitete mir Sorgen. Wie würde ich mich danach fühlen, wenn ich so viel Schwäche zeigen würde? Wird es mir dadurch bessergehen oder endet es in einem Schwall negativer Gefühle, die für mich unerträglich werden? Viele Fragen auf die ich keine Antwort fand. Mittlerweile sprach ich mehrmals mit Therapeuten/-innen bzw. Psychiatern/-innen und weiß, welche Fragen häufig gestellt werden. Diese möchte ich mit euch teilen.
Zur Vorbereitung auf den ersten Therapeuten/Psychiaterkontakt finde ich es wichtig zu vermitteln, dass man nicht versagen kann. So ist es in Ordnung, wenn du dich z.B. nicht perfekt ausdrücken kannst oder eine schlechte Konzentration besitzt. Der Therapeut/Psychiater fragt nach, wenn er etwas nicht verstanden hat und gibt dir die Struktur im Gespräch vor.
Jenachdem inwieweit das noch nicht bekannt ist, beginnt das Gespräch mit Informationen vom Therapeuten, wofür der Termin genutzt wird und welche Möglichkeiten es dann gibt. Die erste Frage lautet dann meistens, weswegen man gekommen ist. Es reicht eine kurze Erklärung, der Therapeut wird dann weiter erfragen, was ihm wichtig erscheint.  Dies führt dann z.B. zu den Fragen, seit wann die Problematik bestehe und wie sich zeige. Die Gespräche sind natürlich sehr individuell, daher kann ich nur einen groben Einblick geben. Es ist in Ordnung, wenn du etwas nicht aussprechen kannst oder wenn du eine Zeit brauchst um deine Fassung wieder zu erlangen!
Zeitnah gibt es dann meist noch generelle Fragen zur Person, also z.B. nach dem Alter, welchen Beruf man ausübt oder ob man eine Beziehung führt.
Ich war überrascht, wie vieles ich bei den ersten Gesprächen schon ausgesprochen hatte. Diese wildfremde Person wusste nun Dinge von mir, die ich zuvor noch nie jemandem anvertraut hatte. Generell gilt aber, du musst auf keine Frage antworten. Kannst oder möchtest du es nicht, so ist das völlig in Ordnung.
Möglichkeiten zur psychologischen Beratung gibt es ziemlich viele und ich möchte ich sie ein bisschen vorstellen, denn ich hatte hierzu auch eine sehr große Distanz. Ich hatte sehr viel das Gefühl, es gehe mir nicht schlecht genug um mir Hilfe zu suchen, ich würde in Selbstmitleid versinken und überdramatisieren. Jetzt weiß ich, dass ich im Gegenteil, viel zu lange gewartet hatte, so wäre es für mich fast zu spät gewesen. Es ist in Ordnung sich Hilfe zu suchen und es ist gut, wenn man Probleme frühzeitig angeht. Es muss nicht gleich eine Langzeittherapie sein und ein Therapeut wird dir nichts „aufquatschen“. Wenn du (noch) keine große Einschränkung in deinem Alltag hast, so reicht vielleicht eine geringe Betreuung für dich, die einer Verstärkung entgegenwirkt und möglicherweise eine ausgeprägte Erkrankung verhindert. Jeder Mensch kann davon profitieren.
Als erstes kann man sich an den Hausarzt wenden, dieser kann dir ggf. Medikamente verschreiben und eine Überweisung an einen Therapeuten geben. Er kann ebenso seine Einschätzung geben, ob eine psychotherapeutische Behandlung sinnvoll ist. Auch kann er dir z.B. eine Einweisung ausstellen oder weitere Beratungsstellen nennen.
Zu jeder Zeit steht dir die Notaufnahme offen, so kannst du besonders in akuten Situationen dich an diese wenden und bekommst die Möglichkeit mit einem Arzt zu sprechen. Besonders in fremd- oder eigengefährdeten Phasen ist dieses von großer Bedeutung. Der Behandler wird mit dir zusammen die Hilfsmöglichkeiten absprechen und ggf. eine Anmeldung zu weiteren Maßnahmen (z.B. tagesklinischer Behandlung) fertigmachen. Das Gespräch in der Notaufnahme ist nicht zwangsläufig mit einer Einweisung verbunden! Der Therapeut/Psychiater wird mit dir besprechen, was dir in diesem Moment hilft und möchte mit dir gemeinsam eine Lösung finden. Die Zwangseinweisung ist nur bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung möglich, an der auch einige Schritte nötig sind, sodass nicht eine Person alleine darüber entscheiden kann.
Den stationären oder tagesklinischen Aufenthalt beschreib ich gesondert, zu beiden hatte ich zuvor eine große Distanz und kann mittlerweile auf positive Erfahrungen zurückblicken.


Ich möchte darauf hinweisen, dass ich weder Medizinerin oder Psychologin bin, noch irgendeine Art an medizinischer Ausbildung besitze. Alle von mir hier getroffenen Aussagen über die psychiatrische/ psychotherapeutische Behandlung ergeben sich aus meinen persönlichen Erfahrungen, Wahrnehmungen und Denkweisen als Patientin. Sie stellen in keiner Weise Heilversprechen dar. Die Inhalte können keine persönliche Beratung, eine Untersuchung oder Diagnose durch einen Arzt oder Therapeuten ersetzen und du solltest meine Information auch nicht dazu nutzen, Eigendiagnosen zu stellen oder dich selbst zu therapieren!

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